Der Schriftsteller Paulo Coelho hat ein sehr passendes Gedicht geschrieben:

Ich danke allen

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben;
Sie haben meine Phantasie beflügelt.

Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten;
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben;
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben;
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben;
Sie haben meinen Mut geweckt.

Ich danke allen, die mich verlassen haben;
Sie haben mir Raum gegeben für Neues.

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben;
Sie haben mich wachsam werden lassen.

Ich danke allen, die mich verletzt haben;
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben;
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.

Vor allem aber danke ich all jenen,
die mich lieben, so wie ich bin;
Sie geben mir die Kraft zum Leben!

- Paul Coelho -

 

In der jahrelangen Aufarbeitung des erlebten Missbrauchs und der körperlichen Misshandlungen stieß ich auf positive Zusammenhänge und Ursachen, die bewirkten, dass ich den Mut zum Überleben nie ganz verlor, so wie es mein bis zum 12 Lebensjahr einziger und bester Freund getan hatte, als er sich mit 12 Jahren selbst tötete, weil er nicht das Glück hatte, ausreichend "wissende Zeugen" zu erleben.
 
Deshalb gilt mein ganz persönlicher Dank

 

  • Einer sehr alten Nachbarin, vor der wir Kinder immer gewarnt worden waren, sie sei eine "Hexe". Diese alte, runzelige Frau, tröstete mich, wenn ich mir weh getan hatte, in den seltenen Situationen, in denen ich unbeaufsichtigt und alleine im Hof vor dem Haus spielen durfte. Sie strich Creme auf kleine Wunden, nähte mir abgerissene Knöpfe wieder an und hatte immer ein "Sunkist" gegen meinen Durst, damit ich meine Mutter nicht mit meinen Bedürfnissen stören musste, was das sofortige Ende dieser seltenen, aber für mich überaus überlebensnotwendigen Situationen zur Folge gehabt hätte.

  • Meiner Omi mütterlicherseits, der man Verfolgungswahn und Hypochondrie nachsagt, die mir trotz meines Verhaltens als "unmögliches Kind" das Gefühl gab, in Ordnung zu sein - so wie ich bin. Die mich kreativ und temperamentvoll spielen ließ, ohne mir zu sagen "ich würde sie noch ins Grab bringen, sie fertig machen, ich sei eine Belastung, ich sei unmöglich, ich solle mich anständig benehmen usw." und die mich anstattdessen durch ihre liebevolle,  mir gegenüber unvoreingenommene Art mit mir umzugehen, das Gefühl vermittelte, doch irgendwie liebenswert zu sein und meine Gefühle eine Existenzberechtigung zu haben schienen. Die Zeiten an manchen Wochenenden und in den Ferien, wenn wir Kinder bei ihr geparkt wurden, halfen mir sehr beim Überleben.

  • Meinem bis zum 12 Lebensjahr einzigen und besten Freund, der sich im Alter von 12 Jahren selbst das Leben nahm. Er war mein einziger Vertrauter, der nachfühlen und verstehen konnte, was in mir vorging . Ich vermisse ihn noch heute und denke oft zurück an unsere gemeinsame Zeit, in der wir uns gegenseitig ein wenig Halt, Geborgenheit, Verständnis,  Zuwendung und Glauben an sich selbst, spendeten.

  • Einigen Lehrkräften, die mich annahmen, wie ich war: "Gestört" und "schwierig" und  die mich dafür nicht bestraften, sondern sich mir in Gesprächen geduldig und einfühlend  zuwandten. Auch, wenn ich ihnen nie Einzelheiten verriet und sie nicht ahnen konnten, wieso  ich mich so "störend" verhielt, war alleine das Weinen vieler Tränen und das liebevolle Geströstetwerden durch ihren aufmunternden, einfühlsamen Zuspruch, wie Balsam auf meiner geschundenen Kinderseele.

  • Einigen mit meinen Eltern befreundeten Personen, (die immer wieder wechselten, weil diese Freundschaften der Eltern zerbrachen), in der späteren Kindheit und Jugendzeit, die mich ab und zu in Schutz nahmen, indem sie mich mit ihren eigenen Kindern stundenweise Kind und einfach Mensch sein ließen und dabei die Verantwortung für die Beaufsichtigung eines derart missratenen, "nicht auszuhaltenden Fratzes"  auf sich nahmen. Sie behandelten mich wie ihre eigenen Kinder. Stutzten mich mit dem Herz am richtigen Fleck genau wie diese zurecht, wenn es nötig war und wendeten sich mir positiv, annehmend  und liebevoll zu, wie ihren eigenen Kindern. Sie halfen mir, ein Stück weit meinen Selbstwert zu erkennen und zu retten.

  • Zwei der Ordensschwestern und auch den Lehrkräften während meiner Berufsausbildung. Sie lobten mich, anerkannten meine Leistungen und zeigten mir, wieviel Positives in Wahrheit immer schon in mir steckte. Sie halfen mir, das Vertrauen in meine Empfindungen, Erinnerungen und Gefühle nie ganz zu beerdigen, sondern zu bewahren und  mir zu trauen, eines Tages das wiederzufinden, was tief vergraben gewesen war.

  • Meiner langjährigen, besten Freundin und ihrer Familie. Wir kennen uns seitdem sie sich im Gymnasium am ersten Schultag neben mich gesetzt hatte und es verbindet uns über die Jahrzehnte, eine aufrichtige, intensive, vertrauensvolle Freundschaft, wie man sie sich nur wünschen kann. Claudi war, so wie meine Eltern das nannten „eine Wirtshaustochter“ und wie sie meinten „ein schlechter Umgang“ für mich. Das bekam sie auch von meiner Mutter zu spüren, wenn wir uns hier und da bei mir zuhause aufhielten. Wir hatten Beide unsere „Geschwisterverpflichtungen“ und so verbrachten wir viel Zeit gemeinsam mit den Geschwistern im Schlepptau unterwegs und auch im Wirtshaus. Ihre Familie war rückblickend für mich sehr hilfreich und heilsam. Bei ihnen konnte ich erleben, dass man Gefühle offen ausleben kann, anstatt sie ständig unterdrücken und verbergen zu müssen. Wenn ich bei ihnen war, fühlte ich mich angenommen und integriert, als der Mensch, der ich bin - und nicht wie ein „Fremdkörper“, wie ich das immer in meiner eigenen Familie gefühlt habe, die morgens schon Wetten abschloss, mit welch missgelauntem Gesicht ich wohl am Frühstückstisch erscheinen würde. Derlei Psychospielchen, die sich für mich wie Benzin im Feuer meiner brennenden Seele anfühlten, erlebte ich nie bei Claudi. Dort fühlte ich lebendiges Leben, in allen Facetten und dieses Erleben war anstatt „ein schlechter Einfluß“ , ein sehr wichtiges Erleben, um zu überleben. Danke Euch, Claudi mit Familie - jedem einzelnen von Euch!

 

  • Meiner  geliebten, inzwischen verstorbenen Tante, die mir von meiner Mutter in meiner Kinderzeit auf eine Art und Weise beschrieben worden war, dass ich unheimliche Angst vor ihr und ihrem damals noch lebenden Mann hatte und die mich die letzten 20 Jahre bis zu ihrem Tod durch eine sehr schwierige und schmerzhafte Zeit begleitete. Sie gab mir mit ihrem klaren, weisen, liebenden Blick auf vereinzelte Menschen und  viele Zusammenhänge, welche sie nachvollziehen konnte, weil sie Ähnliches selbst am eigenen Leib und Seele erlebt hatte, immer wieder Mut und Kraft, nicht zu zerbrechen. Sie war liebevoll, hinwendend, empathisch, aufrichtig, tollerant und aufgeschlossen und zeigte mir durch ihre beispielhafte Lebensbejahung, dass mein Leben wertvoll ist und ich das Recht darauf habe, ebenfalls Glück zu empfinden - egal was kommt, egal, was man mir angetan hat und antut. Sie zeigte mir, dass die Wahrheit der eigenen Liebe im Herzen etwas unheimlich Wertvolles  und Schützenswertes ist . Ihr verdanke ich , dass ich meinen Lebensmut, meine Lebensfreude, meine Zuversicht und meine Liebe in den letzten 20 Jahren wiedergefunden, gerettet und  erhalten habe. Wenn es Engel auf Erden gibt, dann war sie mein wohl aktivster, wirkungsvollster, zauberhaftester und wunderbarster Engel .Diesen Menschen erleben zu dürfen war ein großes Geschenk! Tante, ich liebe Dich und danke Dir für alles, was Du für mich getan hast. Für jede Minute deines Seins in meinem Leben und ich trage Dich für immer in meinem Herzen.Du hattest selbst keine Kinder, weil Ihr keine kriegen konntet. Aber für mich warst Du  Mutter. Auch wenn wir erst zusammenfanden, als ich schon in Scheidung lebte und eigene Kinder hatte, so hast Du mir als erwachsenem Menschen wichtige Dinge gezeigt, vorgelebt und gegeben, was eine liebend Mutter ihren Kindern mitgibt. Liebe Mama-Tante, ich bleibe für immer DEIN Kind.
 
 
 
 
Alle diese Menschen waren "wissende Zeugen", wie sie beispielsweise von Alice Miller in ihren Büchern  und von Jürgen Wettig in seinem Buch beschrieben wurden.  
 
 
 

 

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